Sachstand zum Stellenbesetzungsverfahren des Ersten Beigeordneten in der Kolpingstadt Kerpen
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
wir beantragen, den öffentlichen Tagesordnungspunkt „Sachstand zum Stellenbesetzungsverfahren des Ersten Beigeordneten in der Kolpingstadt Kerpen“ aufgrund seiner Dringlichkeit auf die Tagesordnung der Sitzung des Rates am 05.11.2019 zu nehmen und fordern Sie auf, dem Rat das weitere Vorgehen der Stadt persönlich von Ihnen in dieser Sache darzulegen. Hierbei ist die Verfügung allen Ratsmitgliedern unverzüglich zur Kenntnis zu geben.
Begründung:
Wie wir erfahren haben, hat das Oberverwaltungsgericht NRW zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren am 29.10.2019 eine Verfügung erlassen, welche die bisher von uns thematisierten Fehler im Bewerbungs- und Besetzungsverfahren eindeutig nachweisen und erklären.
Zur Erinnerung, im Kern geht es um 5 Fragen:
- Hatte der mehrheitsfähige Kandidat zum Zeitpunkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist und der Vorlage der Kandidatinnen/Kandidaten an die Politik die zwingende Voraussetzung der Befähigung für das Amt des Ersten Beigeordneten erfüllt?
- Hätte er im weiteren Verfahren weiter berücksichtigt werden dürfen?
- Wurde dem Rat somit ein unrichtiger Sachverhalt dargestellt, im Hinblick auf die Befähigung des Kandidaten?
- Hätte er überhaupt zur Wahl zugelassen werden dürfen?
- Erfüllt der gewählte Kandidat auch heute überhaupt die zwingende Voraussetzung der Befähigung?
Zu allen o.g. Punkten und entgegen Ihrer heillosen Bemühungen, über das Innenministerium und das Heimatministerium die Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen irgendwie in Ihrem Sinne nachweisen zu lassen, stellt das OVG in seiner Verfügung eindeutig und unmissverständlich fest: Nein.
Uns wurde dazu aus der Verfügung wie folgt zitiert:
„S. 1: (…) Es unterliegt erheblichen Zweifeln, ob diese Rechtsauffassung [§ 71 Abs. 3 GO diene nicht dem Interesse der Mitbewerber, sondern allein dem öffentlichen Interesse; so das VG Köln] auch im Hinblick auf Konkurrenten um eine beabsichtigte Stellenbesetzung zutrifft.
Abgesehen davon hat das VG außer Acht gelassen, dass der Rat der Antragsgegnerin mit der Stellenausschreibung konstitutive Anforderungsmerkmale festgelegt hat, deren Nichterfüllung bereits im Vorfeld der Auswahlentscheidung zum Ausscheiden aus dem Bewerberfeld führt.
(…)
Unzutreffend ist die von der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren unter Hinweis auf das Schreiben der Bezirksregierung Köln vom 26.02.2019 vertretene Auffassung, der Beigeladene habe die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst (…) bzw. die Befähigung zur Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes im Land NRW in der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt (…) erworben.
(…)
Erfüllt der Beigeladene die mit der Stellenausschreibung festgelegten konstitutiven Anforderungsmerkmale nicht, ist der Rat der Antragsgegnerin bei seiner Wahlentscheidung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.“
Hiermit wird unsere Ansicht, die wir seit März vertreten, dass das Verfahren nicht rechtskonform gelaufen ist, bestätigt. Denn es bedeutet: Der gewählte Kandidat kann die Stelle des Ersten. Beigeordneten nicht antreten und wird sie auch in Zukunft nicht antreten können. Er hätte sogar nicht einmal zur Wahl zugelassen werden dürfen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Sie das Verfahren weiter geführt haben, obwohl von keiner Stelle zweifelsfrei die Befähigung des mehrheitsfähigen und am Ende gewählten Kandidaten bestätigt wurde, was einem Stochern im Nebel gleich kommt. Hätten nicht gerade Sie als Jurist zum Ablauf der Bewerbungsfrist unverzüglich handeln, spätestens im Februar hellhörig werden und den Sachverhalt eindeutig klären müssen, als die Antwort der Bezirksregierung Köln zur Befähigung vorlag? Gerade auch zum Schutz für den Kandidaten. Es ist schon sehr bezeichnend, wenn wir als SPD Ihren Job machen müssen, um die rechtssichere Klärung herbeizuführen.
Mit der Verfügung vom 29.10.2019 ist es für uns umso kurioser, wie Sie auf unsere Frage vom 29.08.2019 ( ob beide verbliebenen Bewerber die zwingend erforderlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist erfüllen) dann mit „Ja“ antworten konnten, denn diese Aussage ist schlichtweg nicht wahr!
Und auch dies hätten Sie als Jurist bereits vor dieser Verfügung wissen müssen, der Unterschied zwischen „deklaratorisch“ und „konstitutiv“ im Zusammenhang mit dem Nachweis einer Befähigung sollte Ihnen geläufig sein.
Wir stellen somit erneut fest, dass der Rat der Kolpingstadt aufgrund Ihrer Entscheidung in seiner Auswahl mit den geeigneten Bewerberinnen/Bewerbern und auch bei der Wahlentscheidung von einem unwahren Sachverhalt ausgegangen ist.
Wir hoffen sehr, dass gerade Sie als Jurist nun endlich, nach 10 Monaten, die richtigen Schlüsse aus dieser Verfügung ziehen und diese für alle belastendende Situation – gerade für den gewählten Kandidaten und für Ihre Mitarbeiter/innen, denen Sie gegenüber eine besondere Fürsorgepflicht haben – nicht noch weiter fortführen und dem Gesetz entsprechend entscheiden.
Im Rahmen Ihrer Ausführungen erwarten wir eine Mitteilung, welche Kosten und personeller Aufwand für das Besetzungsverfahren bisher entstanden sind, welche davon die gerichtliche Auseinandersetzung ausmachen und mit welchen Kosten für das weitere Vorgehen zu rechnen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Lipp
Fraktionsvorsitzender