Zur am 03.09.2020 veröffentlichten Pressemitteilung des Bürgermeisters hinsichtlich des Beschlusses des Verwaltungsgerichtes Köln vom 27.08.2020 hier die Stellungnahme der SPD und der UWG.
Stellungnahme der SPD und UWG zur Pressemitteilung der Kolpingstadt Kerpen zum Thema „Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 27.08.2020“
Die Pressemitteilung der Kolpingstadt Kerpen und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln (VG) bedarf aus unserer Sicht einer transparenteren Erklärung, als dies der Bürgermeister am 03.09.2020 vorgenommen hat. Denn:
Es war abzusehen, dass das VG unseren Antrag ablehnen wird, denn die nächsthöhere Instanz (Oberverwaltungsgericht – OVG) hatte bereits im Juni dieselbe Argumentation verfolgt, dass Fraktionen nicht das Recht hätten, die Rechtswidrigkeit eines Beschlusses des Stadtrates gerichtlich feststellen zu lassen. Aber genau darum geht es, denn wir haben folgende Situation:
Der Ausgangspunkt zu den unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen Bürgermeister und den Fraktionen der SPD und der UWG liegt in der Frage: Muss der gewählte Erste Beigeordnete dem Gesetz nach ernannt werden oder nicht?
Dazu behauptet der Bürgermeister, dass das VG „im Umkehrschluss“ entschieden habe, dass der Bewerber keinen Anspruch auf Ernennung habe.
Doch das hat das VG gar nicht entschieden. Es hat unseren Antrag aus rein formellen Gründen abgelehnt. In der Sache selbst hat es lediglich ausgeführt, dass der Wahlakt allein nur der internen Willensbildung dienen solle. Doch der Gewählte wurde nicht nur gewählt, er hat die Wahl auch angenommen, wurde zum Allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters bestellt, zum Ersten Beigeordneten ernannt und in eine Planstelle eingewiesen. Mit diesen Fakten hat sich das VG aber überhaupt nicht auseinander gesetzt, obwohl es ein Urteil des OVG aus 1958 gibt (seitdem scheint dieser Fall nicht wieder eingetreten zu sein), das genau diesen Fall bereits entschieden hat.
In diesem Urteil steht:
„In Nordrhein-Westfalen hat der zum hauptamtlichen Beigeordneten einer Gemeinde gewählte Bewerber jedenfalls dann einen Rechtsanspruch auf Ernennung, wenn ihm die Wahl durch den Gemeindedirektor mitgeteilt worden ist, er die Wahl angenommen hat und eine wirksame Beanstandung der Wahl nicht vorliegt.“
Sämtliche Punkte (und sogar noch mehr) sind am Wahltag in der Ratssitzung am 11.02.2020 öffentlich vollzogen worden. Und auch hat keine Beanstandung der Wahl stattgefunden, womit alle 3 Punkte des Urteils vom OVG erfüllt sind.
Dieses Urteil lag dem VG Kön vor und auch der Bürgermeister hat öffentlich bestätigt, dieses Urteil zu kennen. Nun stellen sich 2 Fragen:
- Wenn der Bürgermeister als Jurist das Urteil kennt, warum setzt er sich darüber hinweg?
- Warum geht das VG Köln überhaupt nicht in der Begründung seines Beschlusses auf dieses Urteil ein? Das Gericht sagt in seinem Beschluss nur, es sei unzulässig, die Klage zu stellen und lässt das Urteil völlig außer Acht.
Mit diesem Urteil wird aber auch ersichtlich, dass der am 23.06.2020 von der Mehrheit des Stadtrates gefasste Beschluss zur Aufhebung der Wahl nicht gesetzeskonform, also nicht rechtmäßig sein kann. Das Urteil führt zu dieser Frage aus:
„Jedenfalls aber war die Änderung der früheren Willensentscheidung n i c h t mehr möglich, nachdem der Oberstadtdirektor dem Kläger dessen Wahl mitgeteilt und der Kläger sie ordnungsgemäß angenommen hat. Diese Vorgänge binden die Stadt in jedem Fall, so daß der Rücknahmebeschluß das Recht des Klägers auf Ernennung zum Beigeordneten nicht beeinträchtigen konnte. Er ist daher rechtlich unbeachtlich.“
Entgegen der Pressemitteilung des Bürgermeisters und des Eindrucks, der heute in der Presse erweckt wurde („der gewählte Beigeordnete habe laut Urteil keinen Anspruch auf Ernennung“), hat das VG diese Frage aber nicht beantwortet, es ist schlicht und ergreifend gar nicht darauf eingegangen.
Wir haben nun eine CDU-geführte Ratsmehrheit mit einem CDU-Bürgermeister, die diesbezüglich anderer Auffassung sind. Und wir haben einen CDU-Landrat, der als Kommunalaufsicht hier nicht tätig wird. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wenn dieser Beschluss vom 23.06.2020 rechtswidrig ist (und das ist er laut OVG), bleibt er trotzdem einfach bestehen.
Daraus resultierend bedeutet die Entscheidung des VG auch: In jedem anderen Sachverhalt können nun Beschlüsse gefasst werden, die rechtswidrig wären und keine Fraktion kann die Recht- oder Unrechtmäßigkeit von einem Gericht klären lassen. Dies betrifft alle Kommunen in NRW. Solch eine Lücke darf für unser Verständnis in einem Rechtsstaat nicht bestehen bleiben und steht im Widerspruch zum Rechtsstaats- und Demokratieprinzip, warum wir überhaupt dieses Kommunalverfassungsstreitverfahren führen.
Zu den Kosten:
Im Gegensatz zum Bürgermeister kennen wir die bisherigen Kosten dieses Verfahrens genau und gehen damit auch transparent um: Bis zum heutigen Tage sind dafür Kosten in Höhe von 7859,04 € angefallen.
Welche Kosten seit 2019 für die vom Bürgermeister beauftragten Gutachten, anwaltliche Begleitung und Gerichtskosten entstanden sind (haben nichts mit dem aktuellen Kommunalverfassungsstreitverfahren zu tun), hat der Bürgermeister bis heute nicht offengelegt. Dies verschweigt er – trotz mehrfacher Aufforderung dazu – bis zum heutigen Tage. Warum?
Auch hat der Bürgermeister seit April unserem Antrag auf Akteneinsicht immer noch nicht entsprochen. Warum? Dazu mag sich jeder selbst eine Meinung bilden.
Nun ist festzuhalten: Hätten Herr Spürck und die Mehrheitskoalition unsere Hinweise vor der Wahl von Herrn Strotkötter in 2019 hinsichtlich der Transparenz und Rechtssicherheit ernst genommen, dann wären keine der vorgenannten Kosten angefallen, die sich sicherlich im deutlich 5-stelligen Bereich abspielen dürften. Es wäre keine zweite Wahl notwendig gewesen, es hätte keine Gerichtsverfahren gegeben und es wären auch keine Anwaltskosten entstanden. Es wären keine Bewerber beschädigt worden, es wären keine Familien in Mitleidenschaft gezogen worden und in der Verwaltung wären längst die Arbeiten im Ressort des Ersten Beigeordneten wieder ordnungsgemäß abgelaufen.
Wir hätten uns gewünscht, wenn damals sachlich mit unseren Hinweisen umgegangen wäre, anstatt parteipolitisch den eigenen Kandidaten durchdrücken zu wollen, dass wir jetzt nicht vor dem Scherbenhaufen stehen müssen. Und wir möchten ausdrücklich betonen, dass wir die Hinweise seinerzeit nicht-öffentlich dem Rat und dem Bürgermeister übermittelt haben, damit auch der Bürgermeister das Verfahren hätte korrigieren können, ohne sein Gesicht verlieren zu müssen.
Und trotz der bisherigen Ereignisse haben wir immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass es dem Rat der Kolpingstadt Kerpen doch noch daran gelegen ist, die Beschlüsse vom 23.06.2020 auf ihre Recht- oder Unrechtmäßigkeit hin gerichtlich prüfen zu lassen. Denn dieser hätte, wenn er wollte, die Möglichkeit dazu.
Wir bleiben dabei, dass Gesetze beachtet und bestehende Urteile bei Entscheidungen berücksichtigt werden müssen.
Andreas Lipp Wolfgang Scharping
Fraktionsvorsitzender SPD Kerpen Fraktionsvorsitzender UWG
Die gesamte Historie zum Stellebesetzungsverfahren von 2019 bis heute werden Sie ab dem 07.09.2020 auf www.spd-kerpen.de und www.UWG-Kerpen.de nachlesen können.