Kita-Brandbrief aus der Kolpingstadt Kerpen

Kita-Brandbrief aus der Kolpingstadt Kerpen

Gemeinsamer Brief der Fraktionen von SPD, GRÜNE, Die Linke, BBK, FDP, Stadtverordnete UWG

Sehr geehrte Landtagsabgeordnete,
sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte BürgermeisterInnen,

seit Inkrafttreten des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) am 1. August 2008 ist die von Trägern, Eltern, Beschäftigten und Kommunen zu diesem Gesetz geäußerte Kritik nicht verstummt. Vor dem Hintergrund der ständig gewachsenen Anforderungen an die frühkindliche Bildung standen dabei auch immer die Fragen nach der Finanzierung und der personellen Ausstattung im Fokus.

 Jetzt spitzt sich die Lage wieder dramatisch zu. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und auch die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Nordrhein-Westfalen haben das Land bereits auf diese für alle Träger zum Teil existenzbedrohende Lage hingewiesen mit der Aufforderung die Finanzierung der KiTa-Einrichtungen, sowohl der freien Träger als auch der kommunalen Einrichtungen sicher zu stellen. Leider gab es bisher keine für die Träger zufriedenstellende Resonanz auf die „Brandbriefe”, verwiesen wird lediglich auf die angespannte Haushaltslage und man vertröstet auf die nächsten Jahre sowie die Erhöhung der KiBiz-Pauschalen zum 01.08.24.

Auch im Rhein-Erft-Kreis haben schon diverse freie Träger von den massiven finanziellen Problemen berichtet. Es wurde gesagt, dass die Tarifabschlüsse in den Jahren 2022 und 2023 im TVöD kommunal ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einer größeren gesellschaftlichen Wertschätzung der Arbeit der Mitarbeitenden in den sozialen Diensten und Einrichtungen seien. Die Träger und Arbeitgeber bringt dies aber zusammen mit den gestiegenen Sachkosten, z.B. im Lebensmittelbereich und bei den Energiekosten, in eine äußerst schwierige Situation, insbesondere da die Tariferhöhungen über die Kindpauschalen des KiBiz im laufenden Kitajahr nicht refinanziert sind.

Wenn das MKJFGFI darauf verweist, dass die erhöhten finanziellen Aufwendungen bei der Erhöhung der KiBiz-Pauschalen zum 1.8.2024 berücksichtigt werden, wird das für viele unserer Kitaträger im Rhein-Erft-Kreis nicht hilfreich sein. Es ist zu befürchten, dass Träger Angebote kürzen oder ganz einstellen müssen. Der Kostensprung bei den Personalkosten liegt bei rund 11 % und wird vollumfänglich wirksam ab dem 01.01.2024, während die Erhöhung der Kindpauschalen für das laufende Kitajahr 3,46 % beträgt. Die ersten tariflich vereinbarten Sonderzahlungen i.H.v. 1.240 Euro/Vollzeitäquivalent mussten bereits im Juni diesen Jahres ausgezahlt werden.

Diese finanzielle Schieflage betrifft nicht nur die Träger privater Einrichtungen, sondern auch die kommunal geführten. Insbesondere können sich im HSK befindende Kommunen nicht ohne weiteres weitere Trägeranteile übernehmen.

In unserem Land NRW sind die Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege ein starker und verlässlicher Partner zur Aufrechterhaltung der sozialen Infrastruktur. Es droht eine gesamtgesellschaftliche Krise, wenn diese Infrastruktur nun droht zusammen zu brechen.

Daher richten die Fraktionen in Kerpen den dringenden Appell an Sie, sich unmissverständlich beim Land dafür einzusetzen, dass der drohende Kollaps abgewendet werden muss, auch wenn die Haushaltslage angespannt ist. Es muss ein Rettungspaket geschnürt werden.

Eine der Möglichkeiten dafür, hat bereits der Städte- und Gemeindebund aufgezeigt: „Wir regen an für die Überbrückungsfinanzierung die Mittel, die nach dem NRW-Krisenbewältigungsgesetz bereitstehen, zu verwenden und zu diesem Zweck dem Landtag einen Beschluss nach § 31 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2023 vorzuschlagen.“

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich aus der Systematik der KiBiz-Rücklagenregelung. Im Kita-Jahr 2020/21 wurde die Deckelung der Rücklagen i.H.v. von 10 % wieder eingeführt. Der letzte abgerechnete Zeitraum über die Verwendungsnachweise bezieht sich auf das Kitajahr 2019/2020. Hier wäre zu prüfen, ob eventuell noch Rückzahlungen an das Land ausstehen, die sich aus der Überschreitung der Rücklagenhöchsthöhe ergeben haben könnten, weil z.B. durch Corona Investitionen nicht getätigt wurden. Diese Mittel befinden sich also noch im System, weil sie noch nicht abgerechnet werden konnten, und könnten somit auch eine Grundlage für einen Rettungsfonds bilden.

Wir fordern Sie alle auf, sich gemeinsam mit uns dafür einzusetzen, dass weiterhin eine verlässliche und qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung in unseren Kitas aufrecht erhalten werden kann. Das ist wichtig für die frühkindliche Entwicklung der Kinder, für die Lebensplanung der Eltern, für die Fachkräftegewinnung und -erhaltung in den Unternehmen und nicht zuletzt für den gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz ab dem vollendeten 1. Lebensjahr.

Gerne stehen die Unterzeichnenden für ein Gespräch bereit.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Lipp
Fraktionsvorsitzender SPD

Peter Abels
Fraktionsvorsitzender B90/Die Grünen

Annetta Ristow
Fraktionsvorsitzende Die Linke

David Held
Fraktionsvorsitzender BBK

Oliver Niederjohann
Fraktionsvorsitzender FDP

Rébecca Neumann
Stadtverordnete UWG