SPD äußert komplettes Unverständnis zur Organisation des Politikbetriebs in Kerpen während der aktuellen Pandemielage
P R E S S E M I T T E I L U N G
Die aktuellen Zahlen zur Pandemielage sind besorgniserregend. In Kerpen haben wir, Stand 24.11.2020 – 167 Corona-Fälle. Bundesweit stecken sich täglich 19 bis 20.000 Personen an. Die Zahl der freien Intensivbetten im gesamten Rhein-Erft-Kreis beträgt derzeit nur noch 6 Betten mit Beatmungsmöglichkeit! Ein Negativrekord seit Beginn der Pandemie. Diese Betten müssen aber auch adäquat betreut werden. Wer Ansteckungen verhindert, zeigt damit auch Respekt vor der Leistung des Pflegepersonals. Wenn diese verbleibenden Intensivbetten belegt sind, bedeutet dies, dass mehr Menschen nicht adäquat versorgt werden können, was im Umkehrschluss bedeutet, dass mehr Menschen versterben werden.
Dies alles sind nüchterne Zahlen, aber hinter jeder Zahl steht ein Mensch. Ein Mensch, der mit der Krankheit verschieden stark zu kämpfen hat, einige davon lebensbedrohlich.
In den letzten 24 Stunden sind 410 Menschen in Deutschland an einer Coronaerkrankung verstorben. Bildlich gesprochen stürzt also jeden Tag ein Flugzeug mindestens mittlerer Größe ab. Die Gesamtzahl der Erkrankten ist weitaus höher, als im ersten Lockdown im Frühjahr. Wir haben inzwischen 9,8% positiv auf Corona getestete Personen von allen Getesteten. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Dunkelziffer höher liegt.
Unter diesen Voraussetzungen hatte die SPD-Fraktion beantragt, dass sich die Fraktionen und fraktionslosen Mitglieder des Rates der Kolpingstadt Kerpen darüber austauschen und festlegen, wie sich der Politikbetrieb im Dezember aufstellen sollte, was am 24.11.2020 in einer Videokonferenz stattgefunden hat.
Vorschlag der SPD ist:
Die Ausschusssitzungen werden, bis auf den Jugendhilfeausschuss, abgesagt. Dieser solle als einziger Ausschuss tagen, um seinen Vorsitz zu wählen, damit die Sacharbeit aufgenommen werden kann.
Die übrigen Ausschüsse sollen in Videokonferenzen zu den Sachthemen debattieren, worüber protokolliert werden möge. Somit soll vorbereitend für die Entscheidung im Haupt- und Finanzausschuss, oder in kleinstmöglicher Besetzung im Stadtrat, in der Sache diskutiert werden.
Zu Zeiten, wo die Infektionszahlen sich derart kritisch darstellen, ist es auch in der Verantwortung der Kerpener Politik, die physischen Kontakte auf ein Minimum einzuschränken. Es kann niemandem erklärt werden, dass für die nächsten 4 Wochen zum Beispiel Gastronomiebetriebe geschlossen bleiben müssen und Kontakte in der Öffentlichkeit nur noch mit 5 Personen aus 2 Hausständen stattfinden dürfen, aber Ausschusssitzungen mit 19 Mitgliedern plus Verwaltungsmitarbeitern und Zuschauern stattfinden sollen.
Das Gebot der Stunde lautet: Kontaktreduzierung!
Jede Schutzmaßnahme, die für Ausschusssitzungen getroffen wird, führt eben nur zur Risikominimierung, aber nicht zu einem Risikoausschluss. Eigentlich hätten dies die Fraktionsvorsitzenden aus der letzten Ratssitzung lernen müssen, denn bereits dort waren nicht alle Ratsmitglieder Corona-bedingt anwesend. Umso unverständlicher ist nun, dass die meisten Fraktionen im Rat die Ausschüsse tagen lassen wollen.
Einzig die SPD-Fraktion zieht aus der aktuellen Lage die notwendigen konsequenten Schlüsse: Es wird keine Beteiligung an den Ausschusssitzungen im Dezember von Seiten der SPD geben.
Während selbst der Rhein-Erft-Kreis sich entsprechend aufgestellt und die Entscheidungen auf den Kreisausschuss delegiert hat, ist man in Kerpen der Meinung, dass mit Lüften, Sitzungspausen und Tragen von FFP-Masken alles gut ist. Reicht es nicht, dass unsere Schulen und Kitas in semi-adäquater Organisation den Betrieb weiterführen müssen? Reicht es nicht, dass inzwischen auf Bundesebene diskutiert wird, dass infizierte Pflegerinnen und Pfleger weiter Dienst versehen sollen, weil es ansonsten personell nicht mehr zu stemmen ist? Was soll noch passieren, damit man auch bei uns merkt, dass jetzt vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen sind?
Republikweit stemmen Firmen ihren Betrieb inzwischen größtenteils online. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Kerpen tagt online. Die Stadtverwaltung selbst nutzt, wo immer möglich, Videokonferenzen. Die Fraktionssitzungen finden online statt. Müssen Ausschusssitzungen stattfinden, nur, weil jemand sich mit der Technik nicht anfreunden möchte?
Ins Feld wird geführt, dass es wichtige Entscheidungen zu treffen gilt. Ja, das ist richtig. Aber diese können auch, auf die aktuelle Situation angepasst, gefällt werden. Es funktionierte im Frühjahr doch auch, wieso nicht jetzt, wo die Infektionszahlen fast dreimal so hoch sind?
Die SPD stellt im Schulausschuss und Bau- und Feuerschutzausschuss den Vorsitz. Die Vorsitzenden haben nun diese Ausschüsse richtigerweise zur Risikominimierung abgesagt. Im Schulausschuss sitzen beispielsweise auch Schulleitungen. Kommt es hier zu einer Ansteckung, könnten diese in die Schulen getragen werden.
Es gilt genau jetzt, vorbeugend zu handeln. Wenn die Infektionszahlen und die Situation sich entspannen sollte, haben wir nur eines vergeben: Physischen Kontakt. So what? Besser vorsichtig agiert, als das Gegenteil: Wenn die erste Infektion aus einer Ausschusssitzung übertragen wurde, wer übernimmt dafür die Verantwortung gegenüber den Infizierten?
Zusammenfassung: Der Politikbetrieb kann ohne Probleme auf die aktuelle Situation angepasst werden, wenn man es denn will. Die SPD will dies. Und die SPD äußert komplettes Unverständnis gegenüber der Haltung der übrigen Fraktionen und dem Bürgermeister.
Die Zukunft diesbezüglich ist unvorhersehbar, aber wir können mit Vorsicht entsprechend vorbeugen. Dies ist unser Appell an die Fraktionen und fraktionslosen Mitglieder des Rates der Kolpingstadt Kerpen.
Bleiben Sie gesund.
Andreas Lipp – Fraktionsvorsitzender
Daniel Dobbelstein – stv. Fraktionsvorsitzender
Ingpeer Meyer – stv. Fraktionsvorsitzender
Cornelia Ellerhold – Fraktionsvorstand
Willy Deutsch – Fraktionsvorstand
Torsten Bielan – stv. Bürgermeister
Branko Appelmann – Stadtverordneter
Hans-Jürgen Bröcker – Stadtverordneter
Thomas Jurczyk – Stadtverordneter
Heinz Krüll – Stadtverordneter
Claudia Lemke – Stadtverordnete