Ist der Bürgermeister mit seinem Amt überfordert?

Ist der Bürgermeister mit seinem Amt überfordert?

P R E S S E M I T T E I L U N G

„Das war gestern eine erschreckende Erfahrung, welche Ansicht der Bürgermeister und die CDU geführte Mehrheitskoalition zu dem vermurksten Bewerbungs- und Stellenbesetzungsverfahren der Stelle des Ersten Beigeordneten in Kerpen vertreten“, kommentiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Lipp das Ergebnis der Diskussion in der Ratssitzung am 05.11.2019.

Diese Damen und Herren vertreten folgende Auffassung, wie ein solches Verfahren abzulaufen hat:

  1. Zu erfüllende zwingende Voraussetzungen für die Stelle festlegen (Befähigung)
  2. Stelle ausschreiben
  3. Bewerbungen sichten und Befähigung einschätzen
  4. Vermeintlich befähigte Kandidaten/innen der Politik vorlegen, damit diese Bewerbergespräche führen können und ihre Favoriten benennen
  5. Befähigung der von der Politik favorisierten Kandidaten/innen dann erst überprüfen
  6. Wahl der/des neuen Ersten Beigeordneten

Die SPD vertritt folgende Auffassung, wie ein solches Verfahren abzulaufen hat, damit eben niemand Schaden nehmen kann, alle Bewerber dieselben Chancen haben und tatsächlich nur der- oder diejenige gewählt werden kann, welche(r) die zwingenden Voraussetzungen aus Punkt 1. tatsächlich erfüllen:

  1. Zu erfüllende zwingende Voraussetzungen für die Stelle festlegen (Befähigung)
  2. Stelle ausschreiben
  3. Bewerbungen sichten und Befähigung prüfen und feststellen
  4. Befähigte Kandidaten/innen der Politik vorlegen, damit diese Bewerbergespräche führen können
  5. Wahl der/des neuen Ersten Beigeordneten

So einfach wäre das.

Somit hätte die Feststellung der Befähigung zum Ablauf der Bewerbungsfrist festgestellt werden müssen, so dass der Bürgermeister dem Rat letztlich einen unwahren Sachverhalt vorgelegt hat. Dies hätte er dem Gesetz nach nicht tun dürfen. Entweder war er mit dem Verfahren überfordert, oder aber er hat dem Rat wissentlich die Unwahrheit vorgelegt. Wie man so etwas auch nennt, braucht an dieser Stelle nicht vertieft werden.

Was ist dem Bürgermeister Spürck somit persönlich vorzuwerfen:

Als Mitte Februar zum eigentlichen Wahltermin die Befähigung nicht festgestellt war (wohlgemerkt nachdem die Politik bereits die Bewerbergespräche geführt und Favoriten benannt hatte), hätte er dem Rat die Umstände darüber transparent darlegen müssen, damit dieser entscheidet, wie damit umgegangen werden soll. Dies hat er nicht getan. Warum nicht? Dazu hat er im Rat keine Antwort abgegeben. Stattdessen hat er als angebliche Bestätigung über diese zwingende Befähigung die Bezirksregierung Köln, das Innenministerium NRW und das Heimatministerium zitiert, wobei keine dieser Stellen erklärt hat, dass der Bewerber die Befähigung besitzt. Sie hatten lediglich Wege aufgezeigt, wie man diese Befähigung „erlangen“ könne.

In diesem Zusammenhang muss man sich nun – nachdem der eindeutige Hinweis vom OVG NRW vorliegt, dass der Bewerber die Befähigung nicht besitzt – fragen: Wie konnten Bezirksregierung, Innenministerium und Heimatministerium das Verfahren weiterhin laufen lassen, wissend um den Umstand, dass die Befähigung nicht vorliegt? Hätten diese nicht rechtzeitig einen Abbruch des Verfahrens empfehlen müssen? Auch hier kann man zwei Dinge annehmen: Entweder Totalversagen über mehrere Stellen hinweg, oder war dies gar ein Zusammenspiel der Instanzen, um den gewünschten Kandidaten auf den Posten zu bringen? In jedem Falle ist so ein Ergebnis nicht nur nicht zufriedenstellend, sondern rechtsstaatlich und demokratisch äußerst fragwürdig.

Nun versuchte gestern der Bürgermeister dem Rat zu erklären, dass die Frage einer Eignung eine Wertungsfrage sei und keine Tatsachenfrage. Und hier liegt Herr Spürck mal wieder falsch: Es geht dabei nicht um die Eignung, sondern um die Befähigung! Wenn er als Jurist den Unterschied diesbezüglich nicht kennt, sollte er schnell eine Fortbildung dazu besuchen.

Die Frage nach der Befähigung ist sehr wohl eine Tatsachenfrage, was denn sonst? Entweder man hat eine Befähigung nach den Vorgaben des Gesetzes oder man hat sie nicht! Auch das sollte man als Jurist und in diesem Fall auch der Bürgermeister wissen!

Um nun die Wertung des Oberverwaltungsgericht NRW vom 29.10.2019 zu relativieren, hat Herr Spürck dann gestern noch ins Felde geführt, dass das VG Köln ja der Stadt Kerpen Recht gegeben habe in diesem Sachverhalt. Was er nicht gesagt hat: Das Verwaltungsgericht hat zur Frage der Befähigung überhaupt keine eine Aussage getroffen. Es hat sich die Entscheidung relativ einfach gemacht, in dem darauf abgestellt wurde, dass sich der unterlegene Bewerber auf eine fehlende Befähigung nicht berufen kann. Damit hat es die Frage des Nichtvorliegens der Befähigung offen gelassen. Weshalb der Bürgermeister gerade diese Umstände zur Rechtfertigung seiner Inkompetenz oder Überforderung heranzieht, darüber kann nur spekuliert werden. Blindheit? Vergesslichkeit? Oder nur reine Taktik, um den Rat mit juristischen Floskeln zu verwirren? Entscheiden Sie selbst.

Und unisono stimmten dann Herr Ripp von der CDU, Herr Niederjohann von der FDP und Herr Scharping von der UWG in den Kanon des Herrn Spürck ein, dass es doch schlecht wäre, wenn man solche Prozesse und Vorgänge in die Öffentlichkeit tragen würde. Da fragen wir uns: In welcher Welt mit welchem Rechtsverständnis leben wir denn? Wenn es klare gesetzliche Regeln für ein solches Verfahren gibt, dann sind diese zwingend einzuhalten. Punkt! Und wenn dies nicht geschieht, dann muss man die Öffentlichkeit über solche Vorgänge informieren. Es ist dabei ein starkes Stück, wenn Herr Ripp daher der SPD ein „abgekartetes“ Spiel vorwirft. Nach den vorstehenden Informationen sollte jedem ersichtlich sein, was hier tatsächlich abgekartet abgelaufen ist. In Köln würde man so etwas „Klüngel“ nennen.

Die Leidtragenden sind dabei nicht der Bürgermeister oder die Mehrheitskoalition im Rat, auf die angeblich nun ein schlechtes Licht falle. Die Leidtragenden sind zum einen Herr Strotkötter, dem keine andere Wahl blieb, als seine Bewerbung nun zurückziehen. Und zum anderen die Mitarbeiter/innen der Stadtverwaltung, die durch das – wohlwollend ausgedrückt – zumindest eigensinnige und leichtfertige Agieren des Bürgermeisters bei der Besetzung der Stelle des Ersten Beigeordneten die Vakanz durch überobligatorisch Einsatz auffangen müssen.

Und schließlich der in der Wahl unterlegene Kandidat, der aufgrund des rechtswidrigen Verfahrens letztlich gezwungen wurde, seinen Bewerbungsverfahrensanspruch vor Gericht einzufordern. Denn dieser Kandidat verfügt unstreitig über die Befähigung und alle anderen Voraussetzungen.

Es ist ein Armutszeugnis, dass es so weit kommen musste, aus dem einzigen Grund, dass Herr Spürck nicht willens war, dem Rat die Tatsachen transparent vorzulegen, und sein Ding durchgezogen hat. Und genau deswegen wird die SPD weiter genau darauf schauen, welche weiteren Schritte nun vorgenommen werden sollen:

Muss das Verfahren neu aufgesetzt werden? Mit welchen Kosten und Personalaufwand wäre dies dann verbunden?

Wäre dann sichergestellt, dass der Bürgermeister sein bisheriges Vorgehen nicht wiederholt?

Oder muss der unterlegene Bewerber nun die Stelle bekommen?

Oder muss eine erneute Wahl stattfinden?

Wie lange wird es nun dauern, bis diese Stelle besetzt sein wird? Sechs Monate, neun Monate? Oder gar ein Jahr? Ist dies überhaupt noch hinnehmbar?

Wir als SPD der Kolpingstadt Kerpen vertreten weiter die Ansicht: Wenn nach außen vermittelt wird, dass solche Stellenbesetzungsverfahren in Kerpen streng nach den Regeln vorgenommen werden, dann ist dies das beste Bild, das man gegenüber interessierten Bewerbern/innen abgeben kann. Dass dem bedauerlicherweise nicht so ist, haben wir allein dem Herrn Bürgermeister Spürck zu verdanken, niemandem sonst.

Andreas Lipp
Fraktionsvorsitzender

 

 

 

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