Haushaltsrede SPD Fraktionsvorsitzender Andreas Lipp zum Haushaltsentwurf 2025

Andreas Lipp

Andreas Lipp

Fraktionsvorsitzender

Haushaltsrede SPD Fraktionsvorsitzender Andreas Lipp zum Haushaltsentwurf 2025

Sehr geehrte Damen und Herren des Rates und der Verwaltung, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Der im Dezember vorgelegte Haushaltsentwurf ist der herausforderndste, den ich in den bisherigen 10 Jahren meiner Tätigkeit im Stadtrat hier in Kerpen gesehen habe.

Warum ist das so? Hier müssen wir auch in die Entwicklungen in der Vergangenheit schauen, um ein komplettes Bild zu bekommen.

Kerpen, wie auch zig andere Kommunen in Land und Bund stehen vor derselben Problematik: Wir bekamen und bekommen immer mehr Aufgaben von Land und Bund aufgebürdet und man lässt uns mit den Kosten weitestgehend allein im Regen stehen. Darum ist uns allen klar, dass wir allein aus dem finanziellen Druck nicht herauskommen werden, wie richtigerweise auch der Städte- und Gemeindebund noch im Februar in der Presse mit Nachdruck angemerkt hatte.

Trotzdem sollen wir unsere Pflichtaufgaben vor Ort erfüllen und gleichzeitig mahnt uns die Genehmigungsbehörde, der Rhein-Erft-Kreis, zu drastischen Sparmaßnahmen im freiwilligen Bereich. Bereits hier ließe sich der Druck etwas mindern, wenn unser Rhein-Erft-Kreis von dem nun bald dreistelligen Millionenbetrag, den er auf der hohen Kante hat, seinen Städten etwas abgeben würde. Denn diesen Millionenbetrag haben die Städte mit ihrer Umlage zum Großteil mit erwirtschaftet. Aber der CDU geführte Kreis hat seit mehreren Jahren hier zu allen Forderungen aus der Politik immer eine Abfuhr erteilt.

Nun liegt die Hoffnung in den Milliarden des Bundes, die in die Infrastruktur fließen sollen. Und da gilt es darauf zu pochen, dass der Löwenanteil auf direktem Weg in den Städten ankommt und nicht im Land oder Kreis hängen bleibt. Wir werden sehen, wie wichtig die Städte dem Land NRW und dem Rhein-Erft-Kreis sind. Im aktuellen Haushalt helfen uns diese Mittel noch nicht.

Also mussten wir uns in den Debatten, Stadtratssitzungen und Ausschüssen seit Dezember die Frage stellen:

  • Welche schmerzhaften Streichungen nehmen wir vor?
  • Was setzen wir erst einmal nicht um, um das Geld noch nicht ausgeben zu müssen?
  • Was wollen wir in geringerem Standard bauen, um Geld einzusparen?
  • Welche Stellen sind derzeit unabdingbar und welche werden wir erst einmal nicht beschließen, mit all den negativen Auswirkungen dabei?

Und über all diesen Punkten und Fragen schwebt das Damoklesschwert der Grundsteuer.

Ironischerweise gelingt es nun, eine weitere Erhöhung der Grundsteuer in diesem Jahr auf mehr als 1000 Punkte zu vermeiden. Ironisch deswegen, weil man nun endlich einmal das gemacht hat, was die SPD seit Jahren in den Haushaltsberatungen und auch dazwischen in den Fachausschüssen einfordert:

  • Arbeiten mit realistischen Zeitplanungen,
  • Setzen von wirklichen Prioritäten in den Bauprojekten
  • Detaillierte Überprüfung der Haushaltsanmeldungen der Fachabteilungen anstatt von Jahr zu Jahr die benötigen Gelder in den neuen Haushalt großteils hinüber zu kopieren.

Als Erklärung, was das faktisch in dieser Haushaltsdebatte bedeutete: Für das Jahr 2025 wurden aus dem Jahr 2024 nicht erfolgte Investitionen in Höhe von 143 Mio Euro übertragen. Hinzu kamen weitere 61 Millionen Euro, was insgesamt 205 Mio Euro ausmacht. Und davon wurden nur 15 Mio ausgegeben. Der Rest steht aber weiter im Haushalt und dient mit zur Berechnung der Grundsteuer und treibt diese nach oben.

Trotz des guten Ansatzes wurden unsere weitergehenden Vorschläge – die wohlgemerkt nicht neu sind – in den Wind geschlagen. So hatten wir gefordert, ein Kennzahlen-System aufzubauen, über welches man besser auf finanzielle Entwicklungen im Jahr reagieren könnte. So, wie es in Firmen mit ähnlicher Mitarbeiteranzahl Usus ist. – Wollte dieser Rat jedoch nicht.

Bereits in den Jahren 2018 bis auch wieder in  2024 hatten wir gefordert, dass wir unsere Gebäude auf ihren Sanierungsstau hin überprüfen müssen, damit wir eine solide langfristige Planung zu den benötigten Investitionen haben, so wie es jeder Eigenheimbesitzer auch macht, um nicht irgendwann finanziellen Schiffbruch zu erleiden. – Das könne man nicht leisten, hieß es und wurde mit der damaligen Ratsmehrheit aus CDU, FDP, BBK und Piraten auch abgelehnt.

Die Liste ließe sich noch weiter führen…zum Beispiel hatten wir auch mehr Personal im Jahr 2016 für die Planung und Abnahme unserer Neubauten gefordert, mit dem Ziel, früher bauen zu können und so den jährlichen Baukostensteigerungen ausweichen zu können oder unsere Neubauten detaillierter Abzunehmen, um nicht nach Ablauf der Gewährleistung von Kosten aufgrund von Baumängeln überrascht zu werden. – Auch hier hatte die damalige Ratsmehrheit abgelehnt.

Und nun ist es dann in meiner Rede auch an der Zeit, da mal Ross und Reiter zu benennen. Seit 2015 haben wir einen CDU Bürgermeister, seit 2004 ist die CDU die stärkste Kraft im Stadtrat und von 2015 – 2020 bestand die Ratsmehrheit aus CDU, FDP, BKK und Piraten. Die Parteien sind alle noch Teil dieses Rates, aber tun heute alle so überrascht, dass das alles nicht vorhersehbar gewesen wäre.

Was tun diese Parteien stattdessen: Die CDU redet von einer Blockade der anderen Parteien, dabei hat sie selbst doch durch ihre Blockadehaltung zu möglichen Kompromissen erst dafür gesorgt, dass in den Ratssitzungen alle anderen Parteien den Haushaltsentwurf abgelehnt hatten.

Ist es das, was man bekommt, wenn ein Verwaltungsmensch an der Spitze der Stadt steht und die CDU stärkste Kraft ist? Ist es das, was damit gemeint war, mit: Man könne Verwaltung?

Nur zur Klarstellung: Ich hatte bereits eingangs erklärt, dass wir in Kerpen nicht für all das alleine verantwortlich sind, aber Ihre Parteien haben in den letzten 10 Jahren genau bitte was getan, um besser langfristig zu planen können?

Um besser auf unvorhergesehenes finanziell vorbereitet zu sein? Die Antwort lautet: Nichts! Sie haben diesbezüglich nichts getan.

Und auch unseren Vorschlägen, mehr in den Bereich Digitales zu investieren, schneller hierbei voranzukommen, um zukünftig nicht jeden Mehraufwand an Arbeit mit mehr Stellen erschlagen zu müssen, haben sie nach guter alter Manier „Nein“ zu gesagt.

Ich erspare es uns jetzt, über die noch immer fehlenden Pflegeplätze zu sprechen oder den Druck auf dem Wohnungsmarkt, weil uns preisgünstiger geförderter Wohnraum in großem Maße fehlt. Auch da haben wir die von außen festgestellten Defizite nicht geschlossen und die selbst gesteckten Ziele groß verfehlt.

Die SPD hat es in den vergangenen 10 Jahren bei all dem dann doch eher mit dem Satz gehalten: Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe!

Es ist längst überfällig, dass auch Sie Wege suchen. Von den kleineren Parteien erwarte ich da nicht viel, BBK und vor allem FDP machen es sich ja eh einfach und lehnen zum Beispiel einfach notwendige Stellen ab, ohne dabei zu erklären, wer denn dann die Arbeit machen soll. Bei den Grünen schaut es danach aus, als dass man einfach partout Nein zum Haushalt sagt, weil man mit der Führung der Stadt nicht einverstanden ist. Der heute debattierte Antrag der Grünen ist dann noch ein gutes Beispiel dafür, dass ihre Ansinnen zwar richtig sind, aber nicht bis zu Ende durchdacht sind. Ich habe heute irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft man Ihnen erklärt hat, dass mit der derzeitigen Anzahl an Personal in den betroffenen Bereichen Ihre Forderung nicht umgesetzt werden kann!

 Und von der AfD habe ich bis heute noch nicht einen sinnvollen Antrag in den letzen 5 Jahren gesehen, moment, ich habe eigentlich von Ihnen immer nur Anfragen gesehen. Sie haben also bisher NULL Vorschläge gemacht, die unsere Heimatstadt voranbringen. NULL. Aber wahrscheinlich befindet man sich noch in der Ausbildungszeit, wie es 2020, 2021, 2022 und 2023 noch bei ihnen hieß. Die Frage ist, wie lange diese Zeit noch andauert? Anscheinend noch länger, denn wie man in der Haushaltsrede der AfD feststellen konnte: Hier wurde nicht ein relevanter Punkt für unsere Stadt angesprochen, sondern die üblichen Sprechblasen ihrer Partei abgelassen.

Die SPD hingegen hat bei den schwierigen Debatten in den Ausschüssen abgewägt: Was ist an Streichung oder Einsparung im Haushalt noch vertretbar und ggfs. sogar unter der Grundsteuerproblematik unabdingbar und was gilt es dennoch umzusetzen oder zu erhalten. Wir haben nicht viele Anträge zu diesem Haushalt gestellt, aber die, die wir gestellt haben, sehen wir als sehr wichtig an. Sei es den Ausbau bei den Schulsozialarbeitern, sei es bei der Unterstützung unserer Vereine oder dem Erhalt der Musikschule La Musica. Ja, aus unserer Sicht sollte die Kolpingstadt Kerpen im Zweckverband der La Musica bleiben, denn das, was uns heute als Förderrichtlinien als Ersatz für La Musica vorgelegt wird, trifft nicht ansatzweise den damaligen Beschluss zur Kündigung, in welchem wir festgehalten hatten, dass wir dann Förderrichtlinien brauchen, die etwas vergleichbares – wenn auch mit Abstrichen – in unserer Stadt anbieten. Weder werden diese Förderrichtlinien dem Ansinnen des Beschlusses gerecht, noch werden wir langfristig hier Geld einsparen. Nicht umsonst wollen die anderen Städte im Zweckverband verbleiben, nur Kerpen meint hier schlauer zu sein als andere. Nun müssen wir den Beschluss, die Kündigung aus dem Zweckverband nicht zurückzunehmen, hinnehmen.

Da also alle anderen hier anwesenden Parteien nicht willens waren, einen konstruktiven Weg einzuschlagen, haben wir nach der Ratssitzung am 08. April alle demokratischen Parteien eingeladen und an den Tisch gebracht. In diesen Treffen wurde offen darüber gesprochen, wem was im vorliegenden Haushalt fehlt, um diesem zustimmen zu können. Welche Kompromissmöglichkeiten gibt es? Wer würde einen Kompromissvorschlag mittragen können oder ablehnen? Über all das haben wir gesprochen und sind zu einem Ergebnis gekommen, das in dem heute vorgelegten Antrag der SPD, CDU und den Grünen mündete und welcher mit der Mehrheit heute beschlossen wurde. Ich frage mich, was wohl geschehen wäre, wenn die SPD nicht dazu eingeladen hätte? Aber ehrlich gesagt, sind wird es seit 2015 nicht anders gewohnt, dass die SPD die politischen Player inklusive dem Bürgermeister an den Tisch bringt.

Beide Punkte des gerade benannten, gemeinsamen Antrages der SPD, CDU und der Grünen tragen die Handschrift der SPD. Die dringend notwendigen Schulsozialarbeiter bekommen nun mehr Stellen. Und wir werden nun einen wirkungsorientierten Haushalt einführen. Ja, der Ursprungsantrag kam von den Grünen, doch unser Ansinnen, ein Kennzahlensystem einzuführen, um die Finanzen unserer Stadt besser steuern zu können und besser unterjährig auf Entwicklungen reagieren zu können, sind Teil eines wirkungsorientierten Haushaltes, denn ohne diese Zahlen würde eine Umsetzung nicht möglich sein. Mit diesem Werkzeug können wir an die strukturellen Probleme im Haushalt in der Zukunft nun herangehen, um die horrenden Grundsteuerprognosen hoffentlich abwenden zu können oder sie zumindest für die Bürgerinnen und Bürger erträglich zu halten. Denn es ist unsere ureigenste Aufgabe, genau dafür Sorge zu tragen.

Kein „Weiter so“ mehr, wie es bisher dieses CDU geführte Rathaus in den letzten 15 Jahren erlebt hat, wo wir mit allem auf der Stelle treten und nun die Verantwortlichen sich nur ungläubig die Augen reiben und fragen: Ja wie konnte das denn bloß passieren?

Wir hoffen, dass der nächste Stadtrat nach der Wahl im September diesen Weg weiter geht und rege von dieser Steuerungsmöglichkeit Gebrauch machen wird. Damit wir in Zukunft nur das Geld ausgeben, was seinen Zweck erfüllt, das Geld ausgeben, was einen Vorteil bringt und was uns langfristig in die Lage versetzen wird, zusätzliche Arbeit mit derselben Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erfüllen.

Wir werden daher heute dem Haushalt für das Jahr 2025 zustimmen.

Zum Abschluss möchte ich noch einen Appell an Sie alle richten, da die gemeinsam geführten Gespräche nun zu einem guten Ergebnis geführt haben und zeigen, dass es nur funktioniert, wenn man miteinander redet und aufeinander zugeht:

Wie ich bereits sagte: Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe!

Suchen Sie Wege und nicht Gründe. Und wenn Sie keine Wege suchen wollen? Dann folgen Sie einfach den von uns vorgeschlagenen.

Vielen Dank.

Andreas Lipp
Fraktionsvorsitzender SPD